Ansprüche für gesetzlich Versicherte
Für gesetzlichen versicherte Frühchenfamilien bestehen bestimmte sozialrechtliche Ansprüche. Die wichtigsten stellen wir nachfolgend vor:
6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt eines Kindes befinden sich Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, im Mutterschutz. Frauen, die ein Frühgeborenes oder Mehrlinge bekommen, haben nach der Entbindung eine verlängerte Mutterschutzfrist von 12 Wochen. Bei Frühgeburten verlängert sich die Schutzfrist zusätzlich um den Zeitraum, den die Mutter vor der Geburt nicht in Anspruch nehmen konnte.
Gleichzeitig verlängert sich dadurch die Zahlung des Mutterschaftsgeldes.
Jede Frau hat nach der Geburt eines Kindes Anspruch auf die Betreuung durch eine Hebamme für 10 Tage. Diese kann bei Notwendigkeit bis zu 8 Wochen nach der Geburt ohne ärztliche Verordnung fortgesetzt werden, z.B. bei Stillproblemen.
Ab 8 Wochen nach der Geburt ist eine Verordnung entweder vom Klinikarzt oder vom Kinderarzt notwendig, die begründet werden und medizinisch notwendig sein muss. Bei größeren Problemen wie z.B. Trinkschwierigkeiten oder Problemen bei der Umstellung von der Klinik auf Zuhause werden diese Verordnungen während des ganzen ersten Lebensjahres von den Kassen akzeptiert. Bei längerer Dauer empfiehlt es sich jedoch, vorher mit der Kasse zu sprechen.
Adressen von frei praktizierenden Hebammen finden Sie in den Gelben Seiten der Telekom. Damit diese ihre Einsätze planen können, ist es wichtig, so früh wie möglich Kontakt aufzunehmen und die Entlassung aus der Klinik anzukündigen.
Die Krankenkasse muss Fahrtkosten nur dann übernehmen, wenn die Fahrt aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dies muss ein Arzt bestätigen (§ 60 SGB V). Da die medizinische Notwendigkeit des Besuches und der Versorgung des frühgeborenen Kindes in der Klinik durch die Eltern meist nicht bescheinigt werden kann, umso mehr aber die psychologische, ist es wichtig, ausführlich hinzuweisen auf die Bedeutung der intensiven Betreuung des Kindes durch die Eltern von Anfang an.
Auch die Kasse hat dadurch Vorteile: Eine kürzere Verweildauer des Kindes in der Klinik, da Untersuchungen gezeigt haben, dass die intensiv betreuten Kinder schneller das Trinken lernen, Sättigungsabfälle seltener sind und die Eltern frühzeitig mit den speziellen Schwierigkeiten der Versorgung von Frühchen vertraut sind. Auch der Hinweis auf den Transport der Muttermilch in die Klinik kann nützlich sein.
Der Eigenanteil an den Fahrtkosten beträgt je Fahrt 10% der entstandenen Kosten, mind. Euro 5,-, höchstens jedoch Euro 10,-. (§ 61 SGB V). Benutzt werden können alle öffentlichen Verkehrsmittel oder das Taxi (wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht genutzt werden können). Bei Benutzung eines Privat-PKW werden 0,22 Euro pro km erstattet, jedoch nur bis zur Höhe der Kosten, die bei einer möglichen Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel entstanden wären.
Bezüglich der Zuzahlungen zu den Fahrtkosten in jeweiliger Höhe gelten dieselben Befreiungsregelungen wie bei den Zuzahlungen zu Arzneimitteln. Allerdings müssen auch für Kinder unter 18 Jahren Zuzahlungen geleistet werden. Die Ermittlung der persönlichen Belastungsgrenze ist geregelt im § 62 SGB V (siehe auch www.bmgs.de unter „Gesetze und Verordnungen").
Gesetzlich Krankenversicherte erhalten eine Haushaltshilfe nach § 38 SGB V, wenn ihnen wegen einer Krankenhausbehandlung, Vorsorge- oder Rehamaßnahme die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und keine andere in der Wohnung lebende Person die häuslichen Pflichten übernehmen kann. Im Haushalt muss bei Leistungsbeginn ein Kind leben, das noch nicht das 12. Lebensjahr vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Beispielsweise könnte die Mutter eines frühgeborenen Kindes, die nach der Geburt länger im Krankenhaus bleiben muss, deren Partner beruflich stark eingespannt ist und die mindestens noch ein weiteres Kind unter 12 Jahren hat, diese Hilfe in Anspruch nehmen.
Die Haushaltshilfe wird vom Arzt, der den erkrankten Elternteil behandelt, verordnet. Die Dauer und die tägliche Einsatzzeit werden individuell anhand der entstandenen Not- und Bedarfssituation der jeweiligen Familie bemessen, das kann auch Samstag und Sonntag umfassen.
Wenn die ärztliche Verordnung vorliegt, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
- bei der Krankenkasse sofort telefonisch einen Antrag auf Haushaltshilfe stellen,
- eine Sozialstation anrufen, um den Einsatz einer Haushaltshilfe zu klären.
Die Sozialstationen und Familienpflege-Anbieter sind in der Regel bei der Beantragung behilflich.
Anstatt einer Sozialstation kann die Hilfe auch durch eine vertraute Person erfolgen und dafür Kostenerstattung beantragt werden. Für Verwandte und Verschwägerte bis zum zweiten Grad werden keine Kosten erstattet, höchstens Unter Umständen für Fahrtkosten und Verdienstausfall.
Sollte die Krankenkasse den Antrag auf Haushaltshilfe ablehnen oder nur teilweise bewilligen, ist es auch möglich, ambulante Familienpflege nach § 20 SGB VIII beim Jugendamt zu beantragen. Bei dieser Hilfeform werden die Eltern jedoch abhängig von ihrem Einkommen zu den Kosten herangezogen. Entsprechende Nachweise über das Einkommen und die familiären Belastungen müssen vorgelegt werden.
Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Heil- und Hilfsmittel. Für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sind keine Zuzahlungen für Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel zu leisten.
Zu den Heilmitteln zählen physikalisch-therapeutische Verordnungen, wie zum Beispiel Massagen, Bäder, Krankengymnastik, aber auch Sprach- und Beschäftigungstherapie. Bei Frühgeborenen gehören zu den Hilfsmitteln auch die Kosten für Monitore bei Heimüberwachung, für Inhalationsgeräte, Geräte bei mit Sauerstoff entlassenen Kindern (Konzentrator, Sauerstoffbehälter), Milchpumpen, Gymnastikbälle für die Krankengymnastik zuhause usw.. Windeln werden bei Frühgeborenen nicht von der Krankenkasse bezahlt. Hier handelt es sich um Hilfsmittel zur Pflege, d.h. die Übernahme der Kosten für Windeln kann ggf. dann bei der Pflegekasse beantragt werden, wenn ein Kind länger als ein gesundes, normal entwickeltes Kind gewickelt werden muss.
Anträge auf Heil- und Hilfsmittel müssen vor dem Kauf bei der Krankenkasse gestellt werden. Eine ärztliche Verordnung ist notwendig. Diese muss zur Krankenkasse geschickt werden. Die Krankenkasse lässt gegebenenfalls die Notwendigkeit des Einsatzes des Geräts durch den medizinischen Dienst überprüfen, wenn aus der ärztlichen Verordnung die Diagnose und die damit verbundene Notwendigkeit nicht klar hervorgeht.
Die Ausstattung mit Hilfsmitteln umfasst auch deren Änderung, Instandsetzung, Ersatzbeschaffung und die Schulung für ihren Gebrauch. Die Krankenkassen verfügen über einen Katalog der Heil- und Hilfsmittel, der eine Übersicht darüber gibt, welche Kosten übernommen werden. Die Krankenkassen arbeiten mit Vertragsfirmen zusammen, die die Geräte bereitstellen und auch warten.
Bei frühgeborenen Kindern ist in vielen Fällen eine Versorgung durch häusliche Kinderkrankenpflege nach der Entlassung aus der Klinik sinnvoll bzw. erforderlich. Ein Einsatz von Kinderkrankenschwestern einer häuslichen Krankenpflegestation bei dem Kind zuhause ist z.B. wichtig,
- wenn ein Frühgeborenes mit aufwendiger Apparatemedizin nach Hause entlassen wird, z.B. wenn es mit Sauerstoff entlassen wird, wenn es regelmäßig inhalieren muss, wenn es abgesaugt werden muss, wenn es sondiert werden muss,
- wenn ein Frühgeborenes Ernährungsprobleme hat,
- wenn ein Frühgeborenes Verdauungsprobleme hat,
- wenn das Frühgeborene Umstellungsschwierigkeiten vom Krankenhaus nach Hause hat,
- um die Eltern bei der Versorgung ihres Kindes anzuleiten.
Häusliche Kinderkrankenpflege ist ein Anspruch, den ein Kind hat, um z. B. einen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden oder zu verkürzen. Sie umfasst die Grund- und Behandlungspflege. Unter Behandlungspflege zählt die medizinische Versorgung des Kindes, z. B. Absaugen, Sonde legen, Sondieren, Inhalieren, Verbände wechseln, medizinische Bäder und alle Anleitungssituationen gemeinsam mit der Mutter. Zur Grundpflege gehört das Waschen, Füttern oder Anziehen. Grundpflege wird von der Krankenkasse nur dann bezahlt, wenn gleichzeitig Behandlungspflege notwendig ist.
Häusliche Kinderkrankenpflege wird in erforderlichem Umfang bis zu 4 Wochen je Krankheitsfall genehmigt. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege nach Begutachtung durch den Medizinischen Dienst für einen längeren Zeitraum bewilligen. Kann die Krankenkasse keine Pflegekraft stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind dem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten. Die Pflegeeinsätze müssen vom Arzt verordnet werden.
Ob und in welchem Umfang Hilfen geleistet werden, hängt oftmals von der persönlichen Situation der Familie ab. Wir können jedoch alle Frühcheneltern nur ermuntern, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen, um für sich und die Kinder wichtige Freiräume zu schaffen. Es ist nicht immer einfach, die bürokratischen Hürden zu überwinden, oftmals ist auch etwas Hartnäckigkeit erforderlich, letzlich lohnt sich dies jedoch in den meisten Fällen.
Ansprüche für privat Versicherte
Die Leistungen privater Krankenversicherungen ähneln oftmals den zu vor genannten, je nach gewähltem Versicherungstarif und der Versicherungsgesellschaft unterscheiden sich diese jedoch. In jedem Fall ist eine Abstimmung mit dem Versicherungsvertreter erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die Mitversicherung frühgeborener Kinder in der PKV.
Hilfe für nicht Krankenversicherte
Alle bisher genannten Hilfen zahlt in ähnlicher Weise auch das Sozialamt für Eltern, die nicht krankenversichert sind. Auch die Beantragung einer Säuglingserstausstattung ist dort möglich. Bitte Erkundigen Sie sich bei Ihrem zuständigen Sozialamt.
Andere Hilfsangebote
Die Kommunen und Länder halten für Familien in besonderen Situationen weitere Hilfsangebote bereit, die meist beim Sozialamt bzw. der Gemeinde beantragt werden können. Beispielhaft möchten wir an dieser Stelle auf die entsprechende Webseite des Freistaates Sachsen verweisen.
Private Initiativen und Vereine bieten weitere Hilfsleistungen für Familien in bestimmten Situationen, z.B. bei bestimmten Erkrankungen der Kinder oder auch bei komplizierten persönlichen Verhältnissen, an. Die Angebote unseres Vereins haben wir auf dieser Seite zusammengestellt.
Quellen
- Bundesverband das frühgeborene Kind e.V. (Hg.): Finanzielle Hilfen für frühgeborene Kinder und ihre Angehörigen, 2004
- Das Frühchen e.V. Heidelberg (Hg.): www.dasfruehchen.de, 2005
- Beta-Institut für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung (Hg.): www.betanet.de, 2007